Benno Brucksch, Daniel de Bruin, Granby Workshop, Leon Kucharski, mischer'traxler, Itay Ohaly, Stefanie Rittler, Ottonie von Roeder & Anastasia Eggers, Studio Swine

Die Frage nach der Produktion ist wesentlich für gesellschaftlichen Wandel und soziale Organisation. Mit ihr hängen globale Machtverhältnisse zusammen, sie hat Einfluss auf Wertvorstellungen, Arbeitsbedingungen und nicht zuletzt steht sie in einer erheblichen Wechselbeziehung zur gebauten Stadt. Das Ausstellungsprojekt »Neue Urbane Produktion« ist auf der Suche nach einem neuen Miteinander von Kunst, Design und Technologie als auch deren Sichtbarkeit im Stadtraum. Arbeit soll hier wertschätzend und stolz gezeigt und nicht versteckt werden, hinter verschlossenen Türen weit abseits von Lebensräumen.

Im Zuge von Industrialisierung, Mobilisierung und Globalisierung trennten sich in den vergangenen Jahrhunderten die im traditionellen Stadtleben eng verflochtenen Bereiche von Wohnen, Freizeit und Arbeit. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gipfelte die Auslagerung der Industriearbeit in sogenannte Schwellenländer in einer globalen Arbeitsteilung. Industrielle Produktion und die damit verbundene ökonomische und ökologische Ausbeutung wurden dadurch für die westliche Hemisphäre zunehmend unsichtbar. In den vergangenen Jahrzehnten ist eine gegenläufige Bewegung der Reintegration von Landwirtschaft, Manufakturen und Industrie in die Städte zu beobachten. Dabei handelt es sich vor allem um Kleinstproduktionen, die mit Do-It-Yourself-Esprit nicht nur an einzigartigen Produkten, sondern auch an überraschenden Produktionsformaten tüfteln.

Die Stadtforschung beschreibt diese Renaissance als Urban Manufacturing oder »neue urbane Produktion«. Diese Produktionsformen gehen einher mit einem Ideal von einem gerechten und nachhaltigen Miteinander von Arbeit und Leben und werden durch digitale Technologien beflügelt. Der Herstellungsprozess gewinnt an Bedeutung und wird zu einem integralen Bestandteil des Produktes. Ihre Wertmaßstäbe sind ein bewusster Umgang mit Ressourcen, hohe Individualität und eine lokale Produktion.

Diese auf der Schnittstelle von Kunst, experimentellem Design und sozialem Engagement angesiedelte Ausstellung verwandelt die HALLE 14, ein denkmalgeschütztes Industriegebäude aus der Gründerzeit in ein temporäres Zentrum für zeitgenössische urbane Produktion. Produktionsstraßen, Maschinen und Werkstätten von neun Designinitiativen u.a. aus Großbritannien, den Niederlanden, Israel und Deutschland rücken den Produktionsprozess in den Mittelpunkt. Diese metaphorischen und künstlerischen Ansätze ermutigen dazu, Visionen, Fragestellungen und Facetten dieses Themas zu beleuchten. Ihre Fertigungsmethoden und Formsprache nutzen günstige Baumarktmaterialien, verknüpfen traditionelle Verfahren mit digitalen Technologien– oder klammern diese bewusst aus. Sie sind manchmal überraschend schlicht, stets aufregend und weisen einen visionären Umgang mit der Produktion im 21. Jahrhundert auf.

ÜBER DIE KÜNSTLER

Daniel De Bruin: This New Technology, 2015

Analoger 3D-Drucker, Keramikobjekte; Video: 3:01 min

Daniel de Bruins Neugier auf das Funktionieren von Maschinen und Apparaten ist tief verwurzelt. Ihn interessiert sowohl ihre technische Raffinesse als auch ihr Einfluss auf unser Leben und unsere Umgebung. Als leidenschaftlicher Modellbauer weiß der Niederländer um die absolute Notwendigkeit von Präzision bei der Handarbeit und einer engagierten menschlichen Beteiligung am Prozess des Erfindens. Anlass für das Projekt »This New Technology« war ein Gefühl von Entfremdung bei der digitalen Fertigung von Objekten mit 3D-Druckern. Sind es immer noch die eigenen Werke, wenn eine Maschine den Prozess der Herstellung übernimmt, oder sind es lediglich vorprogrammierte Ergebnisse dieser neuen Technologie? Aus dem Bedürfnis nach eigener Urheberschaft heraus, entschied sich der Künstler, einen 3D-Drucker selbst zu konstruieren und dabei seine Funktionsweise zu verändern. Der erste analoge 3D-Drucker der Welt produziert originelle Keramikgefäße. Die einzige benötigte Energiequelle dafür ist die Körperkraft von Daniel de Bruin, mit der er mittels eines Gewichtes einen Kettenantrieb in Bewegung setzt. Auch die Formgebung der Keramikgefäße wird nicht von einem CAD-Programm eines Computers gesteuert. Vor jedem neuen Fertigungsprozess biegt de Bruin einen Draht, der als Führungsschiene für den Mechanismus dient und die Form des Gefäßes bestimmt. So entstehen spontan Einzelstücke. Maschine und Mensch arbeiten zusammen. Jedoch die Kon-trolle über den Entstehungsprozess liegt in den Händen de Bruins.

Benno Brucksch: ErdeWachsStift, seit 2017

Archiv, Karte, diverse Werkzeuge, Video: 3:02 min

Die Arbeiten von Benno Brucksch geben als selbstverständlich wahrgenommenen Elementen wie Licht, Wasser und Erde eine eigene Bühne. Sie spielen mit ihrer Inszenierung sowie ihrer Übersetzung in neue ungewohnte Formate. Brucksch weist so auf im Alltag verborgene Qualitäten und Bedeutungen von Materialien hin. Erde ist ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Sie kann Heimat, Nährboden, Vergangenheit und Zukunft sein. So wie sie für jeden etwas anderes bedeutet, ist Erde auch nicht gleich Erde. In unserer Beziehung zu ihr spielen Herkunft, Beruf und Umfeld eine Rolle. Erde in ihrer farblichen Vielfalt ist der Rohstoff für Bruckschs Arbeit »ErdeWachsStift«. Von hellem Beige bis dunklem Braun reichen die Farbtöne, die aus unterschiedlichen Bodenproben von verschiedenen Orten stammen. Neben regionalen Erden wie beispielsweise aus Halle, dem Mansfelder Land, Magdeburg oder der Börde, arbeitet Brucksch auch mit Erden aus Windhuk in Namibia und von der Insel Krk in Kroatien. Der Produktionsprozess startet mit der Ausgrabung der Erde. Meist findet Brucksch die gewünschten Erdtöne erst ab 50 cm Tiefe. Die Erde wird anschließend zu einem feinen Pulver verarbeitet und mit heißem Palmwachs, Bienenwachs und Rapswachs vermischt. Das flüssige Gemisch wird anschließend in eine selbst hergestellte Form gegossen. Das Rezept für diese Flüssigkeit hat Brucksch selbst entwickelt. So erinnern die Wachsmalstifte farblich an ihre Ursprungsregionen und zeigen die verschiedenen Bedeutungen und Erscheinungsformen von Erde.

Granby Workshop, seit 2015

36 Jumbo Terrazzo Tiles, Splatware (3 Teller, 4 Becher), Katalog, 6 Fotografien, Videos

Granby ist ein Areal in der nordenglischen Hafenstadt Liverpool. In den viktorianischen Reihenhäusern aus dem 19. Jahrhundert wohnten früher Hafenarbeiter, Bedienstete und Handwerker. Schon immer lebten Menschen unterschiedlicher Herkunft und Ethnien hier. Seit den 1970ern verwahrloste die Gegend stark, die 1980er waren von Straßenschlachten geprägt. Durch Zwangsenteignungen und Abriss wollte sich die Stadtverwaltung des Problems entledigen. Ein Großteil des Viertels verschwand. Ab 2010 ergriffen fünf Anwohnerinnen die Initiative, um die letzten verbliebenen vier Straßen zu retten, die Granby Four Streets: Sie pflanzten Bäume und Sträucher, strichen leerstehende Häuser an, räumten auf und blockierten einen Bulldozer. Sie brachten mit dem Community Land Trust eine demokratische Form des Landbesitzes auf den Weg, der 10 der 180 Häuser in Granby kaufte. Für die Sanierung der 10 Häuser arbeiteten sie mit dem Architekturkollektiv Assemble zusammen. Aus der einfachen Idee, Dinge maßgeschneidert für diese Häuser herzustellen, entstand der Granby Workshop, eine Werkstatt für architekturbezogene Keramiken. Den Schutt abgerissener Häuser vermischen sie mit Zement. Gebrannt wird daraus der terrazzo-ähnliche »Granby Rock«, aus dem sie beispielsweise Kamineinfassungen bauen. Bei den »Cut-Out Tiles« wird jede Fliese mit einem Scherenschnittmotiv individuell gestaltet. Die farbigen Tassen und Teller der »Splatware« entstehen aus verschiedenfarbigen Tonen in einer 60-Tonnen- Hydraulikpresse. Aus der Initiative, die 2015 den wichtigen britischen Turner-Kunstpreis erhielt, hat sich ein soziales Unternehmen entwickelt, in dem heute 14 Künstlerinnen und Künstler im Herzen Granbys arbeiten. Alles soll im lokalen Kreislauf bleiben und jedes Produkt ist ein Unikat und erzählt von Sorgfalt, Wertschätzung und Kreativität bei der Wiederbelebung von vier historischen Straßenzügen.

Leon Kucharski: Temaki Sneaker, 2016

Hochstuhl, diverse Materialien, Temaki Sneaker; Video: 1:08 min

Kaum ein Produkt ist so zum Symbol einer unfairen, globalisierten Arbeitsteilung geworden wie der Sneaker-Turnschuh. Mit niedrigen Kosten häufig unter fragwürdigen Arbeitsbedingungen in asiatischen Schwellenländern produziert, auf riesigen Überseefrachtern durch Konfliktzonen transportiert, werden sie mit aufwändigen Imagekampagnen emotional aufgeladen zum teuren Markenprodukt für westliche Konsumentinnen und Konsumenten. Diese ahnen oder wissen vermutlich, dass sie ein Produkt globaler Ungerechtigkeit an den Füßen tragen, was das Konsumverhalten aber nicht notwendig ändert. Denn die, die diese Sneaker produzieren,könnten sich die Schuhe nie leisten. Durch das offene Zeigen des individuellen und manuellen Herstellungsvorgangs stellt Leon Kucharski diese Wertschöpfungsstrategie in Frage.

Seine »Temaki Sneaker« entstehen in einem einstündigen Akt, den Hersteller und Kundin oder Kunde bewusst gemeinsam erleben. »Temaki« bedeutet auf Japanisch »handgerollt«. Wie in Sushi-Restaurants werden auch Leon Kurcharskis Schuhe vor den Augen derKundschaft hergestellt. Passierende werden ebenfalls Zeugen der Fertigung. Die Käuferin oder der Käufer nehmen zur Anfertigung der »Temaki Sneaker« auf einem Hochstuhl Platz. Aus Seil, Schaumstoff und weiteren Komponenten fügt Leon Kurcharski die Schuhe zusammen und passt sie individuell an den Füßen der Kund/-innen an. Die elastischen Materialien sollen durch optimale Anpassung Komfort gewährleisten und den Fuß stabilisieren. Im Gespräch lernen sich Künstler und Schuhkäufer/- in kennen, auf individuelle Bedürfnisse kann eingegangen werden. Zum Schluss verlässt man den Stuhl mit dem fertigen Produkt an den Füßen und einer Erinnerung an ein ganz besonderes Erlebnis. 

Während der Ausstellung fanden mehrere Sessions statt bei denen Leon Kucharski seine »Temaki Sneaker« vor Ort für Besucher*innen anfertigte.

Mischer'Traxler: The Idea Of A Tree, seit 2008

2 Leuchten, Bank, Video: 1:58 min

2009 gründeten Katharina Mischer und Thomas Traxler das Designstudio mischer'traxler in Wien. Ihre Objekte und Möbel sind häufig experimentell und entstehen in interaktiven Prozessen, die stets eine poetische Komponente aufweisen. »The Idea of a Tree« ist inspiriert vom Wachstum der Bäume. Eine Maschine produziert autonom und allein durch Sonnenenergie angetrieben Objekte wie Lampenschirme und Bänke. Die Maschine »Recorder One« startet die Produktion sobald die Sonne aufgeht und beendet sie bei Sonnenuntergang. Ein Baumwollfaden wird zunächst in einem Becken eingefärbt und anschließend durch ein weiteres Becken mit Klebstoff gezogen, um schließlich um eine Form gewickelt zu werden. Am Ende eines Tages wird ein Objekt »geerntet«. An diesen Objekten kann man die Wetterbedingungen des Entstehungstages und -ortes ablesen, ähnlich wie man bei den Jahresringen eines Baumes das Alter und die Wachstumsbedingungen nachvollziehen kann. Mehr Sonne bedingt dickere Schichten in schwächerem Farbton, weniger Sonne dünnere, dunklere Schichten. Jede Wolke und jeder Schatten prägt das Aussehen des neuen Objektes. Am Äquator hergestellte Objekte werden stets die gleiche Höhe haben, während sich bei Gegenständen, die in Nord- und Mitteleuropa entstehen, die Jahreszeiten abzeichnen. In Ländern mit einer hohen Niederschlagsrate ergeben sich dunklere und schmalere Objekte als in sonnigeren Regionen. Kein Ergebnis gleicht dem anderen. mischer'traxler verfolgen mit der Installation die Vision einer harmonischen und erfolgreichen Kooperation zwischen Natur und Maschine, Handwerk und Technologie.

Itay Ohaly: Line 011 - Creative Factory 1 / UnPacking, 2012 

Produktionsstraße, Diverse Materialien, Werkzeuge, 2 UnPacking Tables, 2011 & 2012, 4 UnPacking Vases, 2010- 13

2012 kuratierte Itay Ohaly gemeinsam mit Thomas Vailly die Ausstellung »C-Fabriek« im niederländischen Eindhoven, die 14 Produktionslinien von Designerinnen und Designern zeigte. Es sollten damals sowohl der Herstellungsprozess, als auch die fertigen Produkte zu sehen sein. Die Produktionsstraßen waren zugleich Atelier, Produktionsstätte, Ausstellungs- und Verkaufsfläche. Das Publikum konnte unmittelbar Einblick in die Produktionsmethoden und -abläufe erhalten. Auch die hier gezeigte Produktionsstraße, »Line 011– Creative Factory 1« des israelischen Designers Itay Ohaly selbst, wurde 2012 für diese Ausstellung entwickelt. Seit Jahren arbeitet er an einer neuen experimentellen Sprache des Designs, die Faktoren von Leben, Gesellschaft und Kultur mit visuellen und emotionalen Erfahrungen vermischt. In der Reihe »UnPacking Objects«, die auf »Line 011« entstehen, geht es vor allem um den Zufall bei der Gestaltung von Objekten. In einem ersten Schritt wird aus einem Styroporblock eine Gussform ausgebohrt. In diese wird farbiges Kunstharz gefüllt und in einem Rotationsrahmen gleichmäßig in der Form verteilt. Anschließend härtet das Kunstharz aus. Dabei prägt die für Styropor charakteristische Struktur die Oberflächentextur und Gestalt der Vasen, Schalen und Tische. Der Styroporblock dient zugleich als Transportverpackung. Den finalen gestalterischen Akt des Auspackens legt Ohaly bewusst in die Hände der Kundschaft. Der Käuferin und dem Käufer bleibt es überlassen, ob die gesamte Styroporverpackung entfernt wird oder Fragmente am Objekt verbleiben. Jedes »UnPacking Object« ist ein Original, dessen Form vom Zufall und den Gestaltungsideen der Kund/-innen bestimmt wird.

Stefanie Rittler: streetplastic, 2016

Produktionsmaschine, 11 streetplastic-Tüten

Die vielgereiste Berliner Gestalterin Stefanie Rittler übersetzt ihre Erfahrungen und ihr Interesse am Weltgeschehen manchmal pragmatisch, meist humorvoll in ihre Werke. In der mobilen Fertigungsanlage »streetplastic« wird aus dem Wegwerfprodukt Plastiktüte ein Sammlerstück. Wie mit einer mobilen Garküche, die man beispielsweise aus China kennt, zieht Rittler mit der Maschine durch die Straßen. Diese wird zur Stätte improvisierter Produktion. Passant/-innen können aus alten Einwegtüten eine originelle Designertüte gestalten lassen. Eine neue, weiße Plastiktüte wird auf eine Schnittform gespannt, das Fließband wird angekurbelt, die alte Plastiktüte in den darüber liegenden Trichter gesteckt und geschreddert. In der Heißpresse werden die Plastikfetzen in Form gestanzt und auf die neue Plastiktüte geschmolzen. So wird das Material dicker, die Tüte haltbarer und durch das neue Design zu einem Unikat. Die Maschine bezieht die Konsument/-innen in den Upcyclingprozess ein, um Achtsamkeit in die Beziehung zum Objekt einzuschleusen. »streetplastic« ist sicher nicht ganz praktisch gemeint, aber ein öffentliches Statement gegen Konsumwahn und Umweltverschmutzung. Schließlich liegt die durchschnittliche Nutzungsdauer einer Plastiktüte nur bei 20 Minuten. Auf jedem Quadratkilometer der Meeresoberfläche schwimmen bis zu 18.000 Plastikteile.

Ottonie von Roeder & Anastasia Eggers: Cow&Co, 2017

Kuhattrappe, Melkroboter, Ballon, Video: 2:30 min

Einen spekulativen Gegenvorschlag zu herkömmlicher Milchproduktion in Massenkuhhaltung unterbreiten die Designerinnen Ottonie von Roeder und Anastasia Eggers. Eine Kuhherde hat sich zusammengeschlossen, um ihre eigene Firma »Cow&Co« zu gründen. Autonom produzieren und verkaufen sie Frischmilch. Dabei hilft ihnen moderne Technologie in Form eines Melkroboters, eines Wetterballons, eines Peilsenders und einer App. Die Kühe bewegen sich frei in der Stadt, zum Beispiel in Parks. Wer Milch kaufen möchte, sucht die Kuh einfach über eine Handy-App. Sobald die Kuh gefunden ist, kann zugeschaut werden, wie der Roboter die Kuh milkt. Der Melkrobotor funktioniert komplett ohne menschliche Hilfe, folgt der Kuh auf Schritt und Tritt und milkt die Kuh, wenn sie bereit ist. Angetrieben wird er von Methangas, ein Brennstoff, den die Kuh selbst ausstößt. Bis zur Verbrennung wird er im Wetterballon zwischengespeichert. Bezahlt wird ebenfalls via Handy. Durch die Einnahmen können tierärztliche Betreuung, Futter und technische Wartung der Roboter gewährleistet werden. Die Kühe sind zusätzlich mit einem Wohlfühlsensor ausgestattet, der es ihnen ermöglicht, ihre Kundschaft zu bewerten, aber auch die Daten für die technische, veterinärmedizinische und nahrhafte Pflege zu nutzen. »Cow & Co« übt Kritik am aktuellen Verhältnis von Nutztier und Gesellschaft. Es holt die Kühe in die Stadt, erklärt sie zu Akteurinnen und vernetzt sie mit den Milchkonsument/-innen. Bildhaft spricht das Projekt Ausbeutung und Tierquälerei an und fördert ein Nachdenken über Tierwohlfahrt und–ethik.

Studio Swine: Can City, 2013


2 Can City Hocker, Fotografie, Video von Juriaan Booji: 3:00 min

 

Das Projekt »Can City« haben Studio Swine, in dem die japanische Architektin Azusa Murakami und der britische Künstler Alexander Groves zusammenarbeiten, in der brasilianischen Megalopole São Paulo entwickelt. Ihre 20 Millionen Einwohner produzieren Müll in gigantischem Ausmaß. Eine informelle Armee unabhängiger Müllsammlerinnen und–sammler verdient ihren Lebensunterhalt, in dem sie mit selbstgebauten Karren 80 Prozent des Recyclingmaterials zusammentragen. »Can City« erkundet die Möglichkeit, Industrie zurück in die Städte zu holen, um das Geschäftsfeld dieser sogenannten »Catadores« zu erweitern. Dafür hat Studio Swine eine mobile Gießerei aus Fundstücken wie z.B. einem alten Bierfass konstruiert. Mit ihm können alte Konservendosen eingeschmolzen werden, um Möbelstücke und, je nach Nachfrage, andere Wunschobjekte zu gießen. Alle nötigen Rohstoffe und Werkzeuge speisen sich aus den Straßen São Paulos. Als Brennstoff dient altes Pflanzenöl aus den lokalen Cafés. Aus dem geschmolzenen Aluminium werden dann im Sandgussverfahren Objekte gegossen. Der Sand dafür stammt von den umliegenden Baustellen, die Gussformen ergeben sich aus Fundstücken. Palmenblätter, Backsteine und Stahl schaffen eine ortsbezogene Ästhetik. Die hier gezeigten Hocker wurden aus dem Müll eines Lebensmittelmarktes für seine Verkäuferinnen und Verkäufer gefertigt. Indiesem Guß-auf-Anfrage-Verfahren kann eine endlose Zahl an individuellen Aluminiumteilen entstehen, die spontan an die Nutzung oder die Nutzer/-innen angepasst werden.

Kuratiert von:

»Neue Urbane Produktion« wird gefördert durch:

Mit freundlicher Unterstützung der Seecon Ingenieure GmbH.