Wilhelm Klotzek: Trefferia

von Anna-Caroline Balabanov

Wem Wilhelm Klotzeks Werk in die Hände fällt, der wundert sich zunächst über den Titel »Trefferia«. Was soll das sein? Darunter sieht man auf einer schwarz-weiß Aufnahme drei Menschen, die sich auf einer Parkbank eine Auszeit gönnen. Der Künstler verwendet hier ein Werk seiner Mutter, die den Sachsenplatz in Leipzig fotografiert hat.Das erfundene Wort vermischt die Wörter Treff und Cafeteria miteinander. Ein Cafeteria-ähnlicher Treffpunkt mit Filterkaffee, Bier und kaltem Rauch bilden für den Künstler einen idealen Ort, um mit seinen Arbeiten in Kontakt zu treten. Wilhelm Klotzeks künstlerische Arbeit, die sich im Spannungsfeld zwischen Bildhauerei und Text bewegt, setzt sich mit Themen von Identität und eigenen Beziehungen zur Geschichtsschreibung auseinander. Dazu bedient er sich verschiedener Medien wie Skulptur, Performance, Videoinstallation und Gedichten. Klotzek gebraucht in seinem Künstlerbuch »Trefferia« die Sprache als bildhauerisches Material und lässt eigene Werke der letzten zehn Jahre in seine persönlichen Geschichten eintauchen. In Ost-Berlin aufgewachsen, erlebt er als Kind und Jugendlicher die Jahre der Wende und Nachwendezeit. Sein persönlicher Lebensweg, der mit dem Übergang von einem Gesellschaftssystem in ein Anderes gezeichnet ist, dient ihm als Ausgangspunkt seiner künstlerischen Praxis. In »Trefferia« findet sich Geschichte, kombiniert mit individuellen Erinnerungen, die einen sehr kritischen, analysierenden und zugleich humorvollen Blick auf eine jüngere, deutsche Vergangenheit ermöglicht. Wilhelm Klotzeks persönliche Beziehung zum Medium Sprache wird in dem vorliegenden Werk vor allem durch den Schlüsseltext »Dosen und Echtholzblenden« deutlich. Anekdoten aus dem Kunstunterricht zur Schulzeit des Künstlers, die von dem damals schon kreativen Willi berichten, Gedanken zur Zeit über die Wende, das nächtliche Reinschleichen auf eine Party sowie Schauplätze ehemaliger Grenzübergänge aus der DDR begegnen dem Leser auf einem Streifzug durch Berlin, auf den uns der Künstler mitnimmt. Dabei wechseln sich immer wieder geschichtliche Elemente, Farbfotos von Installationen oder Zeichnungen mit persönlichen Erinnerungen an Klotzeks Jugend in Berlin ab. Sein Gespür für Humor und Fantasie wird mehrmals im Werk deutlich, wenn er Betonplastiken oder dem Wrangelbrunnen in Berlin eine Stimme verleiht. So agiert der Künstler nicht nur als Bildhauer, der mit Worten, Objekten und Erinnerungen experimentiert, sondern auch als Performer, Display- und Möbeldesigner und Kollaborateur, wenn er mit den Künstlerkollegen Konrad Mühe oder David Polzin zusammenarbeitet. Wer und was kreiert eigentlich Kunst? Was passiert, wenn wir alltägliche Dinge oder Menschen in neuem Kontext wahrnehmen? Abseits gesellschaftlicher Maßstäbe liefert Wilhelm Klotzek mit »Trefferia« eine mögliche Antwort. In unserer aktuellen Ausstellung »Requiem For A Failed State«, die noch bis zum 5.8.2018 läuft, ist Klotzek mit seinem Künstlerpartner David Polzin als Künstlerduo »Klozin« zu sehen. Auf einer blauen Teppichplattform, die zum Schuhe ausziehen und genauen Betrachten einlädt, befindet sich »Transgender in Hoyerswerda« in acht Dioramen. Im Stil von Miniaturen historischer Schlachtenbilder veranschaulichen die beiden Berliner Künstler sehr persönlich ausgewählt historische Momente aus den Wendejahren 1989 bis 1991. Durch die Wahl von Zigarettenstummeln, -schachteln, Drähten und anderem »Müll« sowie der Einladung sitzend oder liegend bei der Deutung der Dioramen ins Gespräch zu kommen, findet sich hier eine bis daher ungewohnte aber erfrischende Herangehensweise an das komplexe Geschehen der Wendezeit. 

 

Anne-Caroline Balabanov studiert Kunstgeschichte und Soziologie. Durch Texte, Film und Fotografie verarbeitet sie ihre Umwelt und hält Eindrücke, sowie Erfahrungen fest.