Kofi Agorsor, Olaniyi Rasheed Akindiya aka Akirash, Bernard Akoi-Jackson, Kwadwo Ani, G. W. Kofi Dawson, Akwele Suma Glory, Tei Mensah Huagie, Nii Obodai, Jennifer Opare-Ankrah, Larry Otoo, Wilma Kiener + Dieter Matzka + Alpha Yahaya Suberu, Jens Jarisch
co-kuratiert von Kofi Setordji (Accra, Ghana)
Die Ausstellung Pause the Pulse: Portrait of Accra mit zeitgenössischen Künstlern aus Ghana und Deutschland zeigt mit Momentaufnahmen aus Malerei, Installation, Performance, Foto, Film und Objektkunst ein aktuelles, kritisches, kaleidoskopisches Stadtporträt Accras, das sich mit den Visionen und Defiziten der pulsierenden, facettenreichen ghanaischen Viermillionenmetropole an der afrikanischen Atlantikküste, mit der sozialen Verantwortung und den Möglichkeiten des Künstlers in seiner Heimatstadt sowie dem Potenzial von Kultur und Kunst als netzwerkförderlichem Verständigungswerkzeug auseinandersetzt.
Inwieweit erkennt der Künstler, dass er als gesellschaftsverändernder Akteur die Handlung im sozialen Organismus der Stadt als modellierfähigem und formbarem Gebilde, das visuell, haptisch, akustisch und thermisch erfahrbar ist, übernehmen kann? Auf welche Art analysiert, diagnostiziert, konserviert der Künstler das Wesen seiner Stadt, nimmt ihr Alltagsleben auf Straßen und Plätzen, in den Nachbarschaften der Wohnviertel und in den Hütten und Palästen der Familien wahr? Welche Bezüge sucht und findet der Künstler zu Accra, jenem Schmelztiegel beinahe aller in Ghana vertretenen Ethnien, wenn es darum geht, dessen Puls vorübergehend zu unterbrechen („to pause the pulse“), zu stoppen, einzufrieren, auszusetzen, einzufangen? Wie hält er Veränderungen, Entwicklungen, Unstimmigkeiten, Probleme, Widersprüche und Dissens im urbanen Verhandlungsraum zwischen den Gated Communities in Trasacco Valley, muslimischen Communities und der Vorhölle Sodom und Gomorrha, zwischen Tro-Tro-Fahrt, Straßenhandel und Highlifemusik, zwischen George-W.-Bush-Motorway und Akumajay Community Park Jamestown fest? Wie fokussiert, dokumentiert, fixiert, reflektiert, verkörpert er seine Eindrücke?
„Zeitgenössische Künstler sind in Ghana unsichtbar“, meint die Kulturmanagerin Korkor Amarteifio aus Accra. Dies führt dazu, dass sie sich verschließen und verzweifeln oder nur noch für einen kleinen Markt produzieren, ins Ausland gehen, oder sich, so gut es geht, arrangieren und ihr Schicksal im Hinblick auf einen organisatorisch-infrastrukturellen Überbau selbst in die Hand nehmen. Ghana ist ein Land, in dem Kultur politisch wahrgenommen und diskutiert, aber aufgrund anderer Prioritäten (Armutsbekämpfung) kaum vom Staat politisch wirksam gefördert und finanziert wird. Daran ändert auch das seit 2006 bestehende Ministerium für traditionelle Autoritäten („Chieftaincy und Culture“) und die 2004 verabschiedete „Nationale Kulturpolitik“ nichts, die den tourismusfördernden Erhalt des kulturellen Erbes festschreiben und das Thema Gegenwartskultur unterrepräsentiert lassen– ein Dilemma, dem die Ausstellung entgegenwirkt.
Im Rahmen des vom Goethe-Institut und der Alliance Française Accra durchgeführten Workshops „Accra– auf dem Weg zur Kulturstadt?“ (2008) gründete sich die Arbeitsgruppe „Accra CAN– Accra Cultural and Arts Network“. Accra CAN ist ein Projekt zur besseren Vernetzung kultureller Initiativen in Accra und entwickelt sich zu einer wichtigen Plattform des kulturellen Dialogs. Vom künstlerischen Leiter der HALLE 14, Frank Motz, 2008 als Vertreter Weimars und der ACC Galerie, beim Workshop vertreten, stammte der Vorschlag, mit einer Ausstellung zeitgenössischer Kunst aus Accra in Deutschland einen Beitrag des Austauschs, auch für unser besseres Verständnis für urbane Räume in Afrika, zu leisten.
Der umtriebige, mit der Kunst verschworene, in Accra lebende Maler, Fotograf und Bildhauer Kofi Setordji (*1957) ist Co-Kurator der Ausstellung. Er gründete und betreibt das ArtHAUS „Art is life“ mit privatem, selbst finanziertem Atelierprogramm und Druckwerkstatt in Agbogba am Nordrand Accras. Seit 2009 ist er gemeinsam mit Odile Agyare auch Gründer und Betreiber der Nubuke (Morgenrot) Foundation im Stadtteil East Legon. Setordij wurde weltweit spätestens 2002 mit seiner Installation „Genocide“ als Reaktion auf den Völkermord in Ruanda bekannt. Er möchte demnächst ein Gegenwartskunstmuseum aufbauen, hat in Afrika wie Europa jahrzehntelang Erfahrungen als Künstler wie Kurator gesammelt, ist in der Künstlergemeinde Accras anerkannt und mit der Kunstlandschaft Accras bestens vertraut.
Kofi Agorsor
Kofi Agorsor begann seine Karriere als Zeichenmaler, der Häuser, Autos und Kiosks mit Reklamebildern anmalte. Später folgte eine Kunstausbildung an der Ankle School of Art in Accra. Aus seiner Sicht gibt es einen grundlegenden Unterschied zwischen dem Zeichenschreiben und dem Malen, weil der Zeichenmaler nicht eingebunden ist in Konzepte und den ihnen zugrunde liegenden Ideen, während ein Maler etwas schöpfen kann, seine Gefühle in ein Gemälde übersetzt. Kofis Talent ist lebhaft und original. In seinem relativ kurzen Arbeitsleben hat er traditionelle Themen in einer komplizierten, farbenfrohen Sprache untersucht, die ans Abstrakte grenzt und deren Wirkung durch feinsinnige Berührungen mit Ironie und Musik noch gesteigert wird. Seine Sprache ist so erfindungsreich wie souverän. Während andere westafrikanische Maler selbst Subjekte des überwältigenden kulturellen Gepäcks der Region bleiben, lässt sich Kofi dadurch nicht belasten. Stattdessen bricht er auf, um etwas anzuregen, umzustürzen, um Gedanken auszulösen. Kofi, so scheint es, hat Freude daran, für Aufruhr zu sorgen. Seine früheren Arbeiten zeigen häufig die Energie des Fischfangs, die Reibung des Tanzes. Nie statisch, noch ein entfernter Beobachter eines uralten Szenarios, führt er seine eigene lebhafte, explosive Präsenz fort in dem, was er sieht. Seine Jugend und Zuversicht lassen vermuten, dass ein schwungvoll-gewagter Straßenverlauf vor ihm liegt. Derzeit malt er Vollzeit. Kofi ist ein gewandter Künstler– er malt mit beiden Händen und ist ein erfolgreicher Musiker und Tänzer. Nach unserem halbstündigen Gespräch über Gott und die Welt reißt er urplötzlich Frau und Kinder mit sich nach draußen auf den Hof, setzt sich ans Xylophon, die Kinder an die Trommeln, die Session startet, die Frau bleibt stehen und singt dazu. Er hat nicht weniger als vier Kinder adoptiert: „Kinder täuschen nichts vor, ich liebe Kinder.“ Zwischenzeitlich, meint er, arbeitet er noch auf einer Ananasplantage in der Volta-Region. Seine Arbeiten werden weltweit gesammelt und in einigen Ländern ausgestellt, unter ihnen Italien, die USA und Südafrika.
1970 in Akatsi (Ghana) geboren.
Olaniyi Rasheed Akindiya aka Akirash
Olaniyi Rasheed Akindiya, bekannter unter dem Namen „Akirash“, stammt aus Nigeria, lebt aber in Accra. Atelier und Wohnung sind eines, haben etwas wunderkammerartiges. Er hat alles selbst ausgebaut und darf es deswegen jetzt noch einige Jahre nutzen. Akirash ist ein Hans-Dampf-in-allen-Gassen, er blitzt überall auf, wo es um Kunst geht, bewirbt sich um alle Stipendien, ist auf Achse. Sein Ziel ist es, Materialien, die ansonsten als unnützer Abfall angesehen werden würden, mit Leben, Schönheit und Bedeutung zu (er)füllen. Seine Kunstwerke umfassen Gemälde, Skulpturen, ein Mix aus verschiedenen Medien, Installationen und Zeichnungen. Ein großer Teil seines künstlerischen Lebens widmet er der Praxisanleitung (Mentorship) anderer und dem Aktivismus in verschiedenen Communities. Akirash glaubt „Art is Life!“, Kunst sollte eine Botschaft in sich tragen, sollte wiederherstellen, neu schaffen, heilen und kurieren. Akirash ist Mitglied verschiedener Organisationen wie dem „Pan-African Circle of Artists“ und der „Foundation for Contemporary Arts“ in Accra. Die meiste Zeit nimmt seine Tätigkeit als Mentor für Studenten aus New York, Griechenland und Irland und seit 2003 für Künstler in Accra in Anspruch. Er war Koordinator bei dem Projekt „Art and Aids“ in Accra, Nigeria, Burkina Faso, Benin, Peru und Indien. Absicht ist es dabei, HIV-positive Menschen von ihrem Stigma zu befreien. Während seines Aufenthalts in Alexandria (Ägypten) hat er den Workshop „Art with Akirash“ für Kinder zur Förderung ihrer Kreativität gegründet. Das jüngste Projekt ist, Patienten in der psychiatrischen Klinik in Accra sinnvoll zu beschäftigen, in dem Künstler ihnen eine Kunsttherapie anbieten.
1973 in Nigeria geboren.
Bernard Akoi-Jackson
„Ich würde es lieber sehen, dass meine Arbeit eine metaphorische, fragmentarische, multidisziplinäre, eine menschlichere Erfahrung wachruft, unabhängig davon, wie entnervend ein Zusammentreffen mit ihr erscheinen mag. Definition und Kategorisierung, ebenso wie künstlerische Autonomie und Hierarchie, sind für mich zu hinderlich. Sie bringen lediglich Überreste der Mythen und eines vereitelten und einseitigen Konstrukts namens (universalistisch orientierter) „Kunstgeschichte hervor. Deshalb navigiere ich mich in meiner Arbeit durch die philosophischen Räume der „grauen“ und nebulösen Expression, in jener Lesart, die man sich als diskursiv und mit offenem Ausgang vorstellt, ohne natürlich in Schlamperei zu verfallen. Der Leser/Beobachter sollte einen zweiten, dritten oder gar vierten Blick auf die profanen Dinge im Leben riskieren, reflektieren und gewaltige Welten würden sich erschließen… Ich glaube nicht an eine Kunst, die notwendigerweise einen ordentlichen „Sinn“ ergibt. Sie ist zyklisch. Denn Kunst ist, nachdem alles begonnen hat, diese Art ordentlichen Sinn zu „machen“, nicht länger Kunst, sondern durchaus etwas Anderes… Alles, was ich tue, bezeichne ich als KUNST. Sei es ein Gemälde, eine Skulptur, Installationen, eine Performance, Dichtung, Tanz oder Theater. Es gibt weder Raum noch Entfernung zwischen ihnen. Kunst ist eins und ein Amalgam aller Lebenserfahrungen. Wir leben sie…“
1979 in Ghana geboren, aufgewachsen in Botswana.
Kwadwo Ani
Kwadwo Ani verbrachte seine Kindheit an einer Reihe von Orten, vom großflächigen Haushalt seines Vaters in Medina über das warme Haus seiner Großmutter in Kumasi bis zum komfortablen Haushalt seiner Mutter. Ani war in seiner Jugend nie ortsgebunden und so schlug er mal hier, mal da auf in dem Mix von Häusern seiner unmittelbaren Angehörigen. Kunst kam in Anis Leben, als er gerade vier Jahre alt war. Er versuchte, sich dazu „etwas einfallen zu lassen“. Mit einem Stück Kreide in der Hand kolorierte er das Bett seiner Mutter, ihre Wände und sogar den Fußboden. Sie wusste schon immer, „er hat die Kunst in sich“. Unglücklicherweise kam seine Ausbildung zum Künstler nicht gerade leichten Fußes daher. Als sein Cousin Anis Kreidezeichnungen sah, zeigte er sie dem Verlobten seiner Großmutter, einem örtlichen Chief. Dieser Mann erklärte, dass Ani sie seinem Vater zeigen solle wegen guter Aussicht, auf eine Kunstschule zu gehen. Leider passierte dies nie– vielleicht wegen der großen, erweiterten Familie und jenen Verpflichtungen, die mit derlei Familienbanden einhergehen. Als Ani gerade mal zwölf Jahre alt war, arbeitete er bereits für seinen Vater im Familienunternehmen. Das tat er für viele Jahre, vom Beifahrer über den Pumpenwart bis zum Sperrholzverkäufer. Es war nicht eher als 1988, nachdem Anis Mutter ihren Sohn ermutigt hatte, seinen Begabungen nachzugehen, als Ani sich endlich in der Kunstschule des Opportunity Industrialization Center in Osu einschrieb. Zwei Jahre später wurde ihm eine Stelle im Ghanatta College of Art angeboten, wonach er 1995 seine Ausbildung am Ankle College of Art fortsetzte. Anis Stil ist unverkennbar, nahezu naiv. Er denkt, dass seine Charaktere kindlich, nie aber kindisch aussehen müssen. Ani spielt mit den Farben und überhöht gern die Gesten und Gesichtsausdrücke in seinen Charakteren. Er wählt simplifizierte Formen, um sicherzustellen, dass das Bild auf dem Gemälde nicht die beabsichtige Botschaft überwältigt. Ani versucht beständig, der Öffentlichkeit eine Erkenntnis zu offenbaren, eine Bemerkung zur Wahl ihres Lifestyles oder zu sozialen und politischen Fragen. Die in seinen Gemälden dargestellten Themen zeugen von dem Wunsch, seinem Publikum etwas über soziale Ungerechtigkeit, Machtmissbrauch und die kleinen Gesten, die wir den uns Nahestehenden zeigen können, zu lehren. Er glaubt, dass die Lektionen, die sich in seinen Gemälden manifestieren, eigentlich wichtiger sind, als die Kunst selbst. Beobachter von Anis Malereien haben die Möglichkeit, sich selbst in den Werken und deren Kommentaren wieder zu finden, doch Anis brillanter Einsatz von Humor macht es den Betrachtern einfach, sich nicht gekränkt zu fühlen. Diese Technik erlaubt es Ani, seine Botschaften erfolgreich weiterzugeben. Jeder von uns kann eine Reflexion unserer Mängel und Fehler in Anis Gemälden sehen und sich deswegen vielleicht auch nichtig, klein und demütig fühlen. Wie dem auch sei, aufgrund von Anis Ausdrucksweise sind wir ständig amüsiert.
1966 in Accra (Ghana) geboren.
G. W. Kofi Dawson
G. W. Kofi Dawson gehört zu jener Gruppe ghanaischer Künstler mit nahezu sagenhaftem Hintergrund. Er ist ein Mann mit ungeheurem Naturtalent wie immensem theoretischem Background, Ergebnis seiner strengen Kunstausbildung am College of Art der Wissenschafts-und-Technologie-Universität in Kumasi und an der Slade School of Art in London. Für lange Zeit, in der er in der Informationsdienstabteilung beim Ministerium für Information, viel beschäftigt war, litt sein künstlerischer Ruf unter „Unsichtbarkeit“. Sein schöpferischer Output verdichtet sich interessanterweise in einer Menge unerschöpflicher Jahre konstanter Produktion mit Leib und Seele gerade nach seiner offiziellen Pensionierung (das bedeutet nicht, dass er vorher nicht produziert hat, im Gegenteil, Beispiele seiner Arbeit datieren von den 1970ern bis heute). Während die Mehrheit der Künstler einer so grundlegenden Disziplin wie dem Zeichnen nur wenig Aufmerksamkeit schenkt, ist dies für Dawson eine essenzielle Form, deren Akt das Ursprüngliche umwirbt und Geist und Verstand ergründet, eine grafische Odyssee in die Tiefen des Unterbewusstseins. Dawsons vielschichtige Zeichnungen sind hochimprägnierte Zeitkapseln, in denen unermessliche Welten liebevoll zur Erforschung durch den neugierigen Geist gehütet werden. Dawson ist aber auch ein begeisterter Journalist. Er unterhält ein großes Notizbuch, in dem er die Geschehnisse des Tages in der lockeren Manier der freien Assoziation festhält. Bei öffentlichen Diskussionen stets zugegen, ist er tief involviert in die Konversation und gleichzeitig damit befasst, sein Tagebuch zu füllen: ein Teilnehmer, Zelebrant, aber auch ein Eremit, in großer Entfernung und dennoch mittendrin im Geschehen. Seine Gedanken vermischen sich mit dem Gehörten und verwandeln sich in Linien und Buchstaben, Buchstaben vereinen sich zu Kaskaden rätselhafter Wörter, Worte verschmelzen zu Bildern aus Gedanken, Vorstellungen und weitschweifigen Aufsätzen, von denen auch viele Rückseiten seiner Leinwände und Papiere getränkt sind. Manchmal geht es in diesen Grübeleien um Kommentare zu Leben und Gesellschaft. Manchmal formen sie ein Bild des Glaubens, der Hoffnungen, der Befürchtungen, Ängste und Freuden des Künstlers. Gern hört Dawson der Jugend zu. Umgekehrt sind jene jungen Menschen privilegiert, die des Öfteren seine Heimstatt aufsuchen oder deren Gedanken mit den seinen assoziieren, um tief aus dem unerschöpflichen Brunnen seiner künstlerischen Weisheit zu trinken. So wie seine Zeichnungen und Gedankenversunkenheiten ist auch der Mann selbst: Er verdient es, studiert zu werden. Seine Arbeit bietet ein immenses Feld ästhetischer und philosophischer Untersuchungen.
1940 geboren.
Akwele Suma Glory
Akwele Suma Glory ist eine Mixed-Media-Künstlerin, deren Erfahrungen– auch als Workshopleiterin, künftig evt. sogar als Initiatorin ihres eigenen Gegenwartskunstmuseums (sie möchte es auf ihrem eigenen Grundstück errichten, nachdem dieses elektrifiziert und umzäunt worden ist)– im Kunstraum Accra gerade für Künstlerinnen inzwischen unersetzlich sind. Die 1961 in Accra geborene, kommunikations- und produktionsfreudige Autodidaktin ist seit 2000 Fulltimekünstlerin, malt, zeichnet, überlebt als Designerin, jongliert aber vor allem als Performerin und Installationskünstlerin in spielerischer Leichtigkeit mit Materialien und Sachverhalten aus dem Alltag ihrer Stadt. Die Scheinheiligkeit, mit der Alte und Kranke zu Lebzeiten ignoriert und an den Rand der Gesellschaft gedrängt, nach ihrem Tode aber mit Geschenken überhäuft und vergöttert werden, inspirierte sie zu einer Performance, die sie im Rahmen einer Beerdigungszeremonie aufführte. Soziokulturelle und Umweltfragen, Aktivitäten zur Verbesserung der Situation für Kinder und Frauen in Accra, eine künstlerische Wirkweise, die „dem Leben neue Aufmerksamkeit schenkt“ (Glory), machen die Themenvielfalt ihrer bislang 5 Soloshows und 35 Gruppenausstellungen, für die sie auch einige Auszeichnungen und Ehrungen erhielt, aus. Akwele Suma Glory ist Mitglied des Women Arts Institute Africa (WAI Africa) und der Organisation „Art in Aktion Ghana“.
1961 in Accra (Ghana) geboren, lebt und arbeitet dort.
Tei Mensah Huagie
Weil Kunst eines der wesentlichen Hilfsmittel für Information ist, bringt Tei Mensah Huagie über dieses Vehikel seine Gefühle darüber zum Ausdruck, was er im Alltagsleben sieht. „Meine Kunst befasst sich mit dem sozialen Leben, speziell mit dem Leben auf den Straßen, mit dem die Leute konfrontiert werden, mit den antisozialen Verhaltensweisen und Untugenden, denen sich Jugendliche jeden Tag hingeben. Ein großer Beitrag der Kunst kann es sein, ein Lächeln in die Gesichter der Menschen zu bringen, Informationen aus der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft quer durch die Welt weiterzugeben, Orte zu verschönern, die Massen zu bilden und erziehen, wichtige Geschichten zur Verbesserung der Welt zu dokumentieren (was für mich das elementare Ziel des Künstlers ist). Meines Erachtens geben die meisten Künstler heutzutage ihre gottgegebenen Talente nur wegen des Geldes an die Welt weiter, bringen jedoch nicht wirklich zum Ausdruck, was sie bewegt, was sie häufig ihre positive Botschaft, ihr wirkliches Ziel verfehlen lässt. Meine größte Sorge ist die eingetrübte Realität unserer Umwelt. Wir leben in einer Recycle-Welt, in der Dinge kommen, gehen und wiederkehren, in der Dinge nutzlos werden und dann gebraucht werden, um wieder nützlich zu sein, weil sie nun schon mal existieren. Was auch immer nutzlos sein mag und doch auf der Erde existiert, spielt in der Menschheit und generell eine bedeutende Rolle. Darum gehe ich auf die Straßen, verbrauche Zeit und Geld mit den toten Artikeln (Müll), um sie wieder zum Leben zu erwecken, indem ich sie verschönere, wieder nutzvoll mache für die menschliche Konsumption. Unsere wundervolle Welt ist eine dreckige geworden, speziell mein Kontinent und Accra. Dreck, den niemand anderes außer wir selbst geschaffen haben, warum also können wir ihn nicht auch selbst bereinigen? Wenn du schmutzig bist, bist du hässlich. Ich glaube, jegliche dreckige Sache lädt nicht zu guten Gedanken und Dingen ein. Deshalb leiden die Welt und speziell Afrika, weil sie keine guten Leute anziehen, die kommen und investieren und bleiben und an einem dreckigen Ort arbeiten. Und alles, was schmutzig ist, ist nicht gesund. Das ist es auch, warum ich mein Bestes mit den so unwichtigen Dingen von der Straße tun werde, um ihnen Wert beizumessen, sie zu verschönern, sie nutzvoll und bedeutend zu machen, denn sie existieren weiter in unserer Mitte. Mein oberstes Ziel als Künstler ist es, zu verschönern. Und mit der Schönheit kommen Glück, Liebe, Wertschätzung und Gesundheit. Auf meinem Weg durch die Straßen sehe ich viele Dinge, die schön und nutzvoll sind. So wie ich mich auch selbst schön und nutzvoll machen kann, so versuche ich, das Unbedeutende nutzvoll und schön zu machen, ungeachtet dessen, was es ist und wo es herkommt.“
1973 in La (Ghana) geboren, lebt und arbeitet in Accra (Ghana).
Nii Obodai
Der in Westafrika geborene und in Großbritannien, Nigeria und Ghana unterrichtete Nii Obodai fühlt sich wohl mit der riesigen und vielfältigen Welt der Bilder, die Afrika in sich birgt. Sein Werk untersucht vor allem das städtische und ländliche Ghana, nicht mit den abgeklärten Augen der Fotojournalisten, dafür mit der sorgfältigen Beobachtungsgabe eines Künstlers, einem großen Interesse an Geschichte und der Liebe für die Erzählungen, die es in seiner Welt zuhauf gibt. Nii Obodais Fotografien sind ein visueller Kanal zum zeitgenössischen Afrika. Wie Obodai gleitet man in einen Bereich zwischen Tradition, Improvisation und Moderne, in dem die meisten Afrikaner überleben. Man wird in die Beschwerden und das kühne Lächeln eingeweiht, die rätselhaften Arbeiter, die entmutigten Kinder und die bröckelnden Schalen der Architektur der Vergangenheit. Man betritt das neue Afrika mit seinen unwahrscheinlichen Erfahrungswelten, wo Religionen zusammenkommen, Traditionen im zeitgemäßen Leben fortwirken, Gesichter der Diaspora nach Hause zurück kehren und spirituelle Geschichten erzählt werden, damit sie in einer Landschaft der Wunder nicht in Vergessenheit geraten. Wie Obodai hat man keine Angst vor einer Zukunft voller Schulden, AIDS und Krieg– die allgemeinen Parolen des Westens über Afrika– man teilt sein positives Bewusstsein vom alltäglichen Leben Millionen normaler Menschen auf dem ganzen Kontinent. In den Bildern von Nii Obodai ist Afrika kein Kontinent, der zum Scheitern verurteilt ist.
1963 in Accra (Ghana) geboren.
Larry Otoo
Eines von Larry Otoos Themen ist die Beziehung zwischen westlicher und afrikanischer Malerei. Obwohl seine Werke auch aus globaler Perspektive gemalt sind, ist sein zentrales Thema unzweifelhaft seine Heimat. Oft stützt sich seine Palette auf drei grundlegende Elemente, einige seiner Gemälde bestehen nur aus drei Farben. Typischerweise hellt er das Blau auf, bleicht es aus, um Licht in die ansonsten abstrakte Harmonie zu bringen, während er Rot und Gelb mehr oder weniger saturiert-gesättigt belässt. Otoo ist ein exzellenter Farbenkenner, hat einen starken Sinn für Oberflächeneffekte und Rhythmen. Seine Motive beinhalten traditionelle Trommelgruppen, Tänzer, Marktmengen, dynamisches Straßentreiben, Reiter auf Pferden, die Modenschau, junge Menschen. Es geht aber auch um Plätze, Zeiten und Ereignisse, die auf soziale Energien gerichtet sind, Energien, die Menschen in einer Art positiver Gemeinschaft vereinen. Das kann eine Wahlveranstaltung sein, in die man– durch die geballte Ladung an Rhythmus und (Blas)-Musik– förmlich hinein gesogen wird, das Zeremoniell nach einer Geburt, eine Hochzeit oder eine Trauerfeier. Otoos Interesse am Ereignis Musik ist vital, die Wahl der abgebildeten Objekte nie willkürlich. Seine Figuren lösen sich in abstrakten Rhythmen auf, berufen sich direkt auf den Jazz. Letzten Endes bewegt sich alles in Richtung einer Idee von Geselligkeit: Jenseits eines individualistischen Expressionismus verbirgt sich etwas Weiteres, Tieferes, Soziales. Er windet sich immer wieder zurück zu den Umständen und Mysterien der Gesellschaft, in der er lebt, frohlockt und geht in ihr auf, wie ein improvisierender Musiker, der sich von seinem Thema wegbewegt und irgendwann unweigerlich zu ihm zurückkehrt. „Ich liebe es zu malen, um meine inneren Empfindungen und Vorstellungen in die Realität auf der Leinwand zu übersetzen. Ich mag es, Farbe zu verwenden … sie derart reichlich zu verwenden, dass ich glücklich sein kann. Ich kann Farbe auf die Leinwand spritzen und sehen oder mir vorstellen, wie Formen daraus hervorspringen. Es ist, als befände man sich an der Quelle der Schöpfung. Die Verwirklichung meiner Bilder bedeutet für mich äußerste Freude. Meine Ausdrucksweisen variieren gemäß meiner Annäherung an bestimmte Themen, aber die grundlegende Identifikation, die mich von anderen Künstlern unterscheidet, ist immer da: Meine Figuren sind lang gestreckt und meine Farben sind sehr dick aufgetragen. Nach meiner Überzeugung sollten Sujet und Handschrift eines Künstlers eine innere Antwort auf bestimmte Erfahrungen nachzeichnen– ich glaube an den umfassenden Prozess der Identifikation essenzieller Formen, Farben und Räume, die stets in der Natur gefunden werden.“
1956 in Ghana geboren.
Jennifer Opare-Ankrah
„Meine Arbeiten sind Mischtechniken, dreidimensionale Installationen aus verschiedenartigen Fundobjekten wie Urethan-Schaumstoff, Aluminiumstangen, recycelten Pappen, Holz, Polyäthylenfolie, etc., Diese Objekte sind normalerweise Materialien, die von der Gesellschaft ignoriert werden. Gleichermaßen sind die Fragestellungen, die ich in meinen Themen aufwerfe, sozialer und politischer Natur, denen also keine ernsthafte Aufmerksamkeit in der Gesellschaft zuteil wird. Als Künstlerin ist es mein Ziel, aus diesen Überlegungen heraus Kunst zu produzieren und so diese Fragen der Gesellschaft zurückzugeben. Ich glaube, dass, indem ich die missachteten Materialien verwende und diese Probleme anspreche, Materialien wie auch Fragen wiederbelebt werden.“ Jennifer Opare-Ankrah
Die Installation „Sesa Beye (Collect to Create)“ problematisiert mittels der Tausenden in Accra zu beobachtenden „trucks“– mit PKW-Rädern ausgestatteter, improvisierter Minitransportvehikel, die von „scrapmen“ (Schrottsammlern) in jede Ecke Accras geschoben und gezogen werden, um auch den letzten eingesammeltem Elektronikschrott, Computermüll, die letzten Kühlschrank- und Autoteile zum Weiterverkauf zunächst auf den individuellen Schrotthof zu bringen– die Bewegung von Industrieabfall europäischen Ursprungs in Afrika. Die Spuren dieser für Mensch und Umwelt gefährlichen, jedoch Beschäftigung und damit Verdienst bringenden Materialien lassen sich von den Straßen Accras bis in die westliche Welt zurückverfolgen. Seinen derzeitigen Brennpunkt findet diese Schrottverwertungsbewegung seit nur wenigen Jahren im neuen, wie ein Geschwür entstandenen, zentral gelegenen Slum „Sodom and Gomorrha“, einem weißen Fleck auf dem Stadtplan Accras, bevölkert mit 50.000 Menschen auf engstem Raum, Tendenz steigend, einer von Asche überzogenen, brennenden, giftig stinkenden Vorhölle, dem Armenhaus der Metropole.
Eine weitere Arbeit zum Straßenalltag Accras, die Installation „Breadwinner“ (Brotverdiener/Ernährer der Familie), befasst sich mit den „street hawkers“, den Straßenhändlern, Frauen, Jungen und Mädchen, die zur Sicherung ihres täglichen Lebensunterhalts zwischen den Autoschlangen an Straßenkreuzungen Artikel wie Kochbananenchips, Kaugummi, Alleskleber, Wasser in Plastiktüten, Hundehalsbänder oder Telefonkarten verkaufen. Jennifer Opare-Ankrah fokussiert dabei insbesondere auf die Augenbewegungen zwischen Verkäufern und Käufern und die kleinsten Zeichen des Kopfes, der Hände, des Mundes, jegliche Gestik und Mimik in der Verkaufssprache, die nach unmittelbarer Antwort auf die Frage trachtet: Was kann ich dir anbieten? Geschickt und flink bewegen sich die Straßenhändler mit ihren oft auf dem Kopf getragenen Produkten auf gefährlichen und engsten Pfaden zwischen den Autos, ohne die Sicht für die Verantwortung zu verlieren, die ein jeder von ihnen, unabhängig von Alter, Geschlecht und Gesundheit, hat: Am Abend Essen auf den Familientisch zu bringen.
1982 geboren.
Larry Otoo
Eines von Larry Otoos Themen ist die Beziehung zwischen westlicher und afrikanischer Malerei. Obwohl seine Werke auch aus globaler Perspektive gemalt sind, ist sein zentrales Thema unzweifelhaft seine Heimat. Oft stützt sich seine Palette auf drei grundlegende Elemente, einige seiner Gemälde bestehen nur aus drei Farben. Typischerweise hellt er das Blau auf, bleicht es aus, um Licht in die ansonsten abstrakte Harmonie zu bringen, während er Rot und Gelb mehr oder weniger saturiert-gesättigt belässt. Otoo ist ein exzellenter Farbenkenner, hat einen starken Sinn für Oberflächeneffekte und Rhythmen. Seine Motive beinhalten traditionelle Trommelgruppen, Tänzer, Marktmengen, dynamisches Straßentreiben, Reiter auf Pferden, die Modenschau, junge Menschen. Es geht aber auch um Plätze, Zeiten und Ereignisse, die auf soziale Energien gerichtet sind, Energien, die Menschen in einer Art positiver Gemeinschaft vereinen. Das kann eine Wahlveranstaltung sein, in die man– durch die geballte Ladung an Rhythmus und (Blas)-Musik– förmlich hinein gesogen wird, das Zeremoniell nach einer Geburt, eine Hochzeit oder eine Trauerfeier. Otoos Interesse am Ereignis Musik ist vital, die Wahl der abgebildeten Objekte nie willkürlich. Seine Figuren lösen sich in abstrakten Rhythmen auf, berufen sich direkt auf den Jazz. Letzten Endes bewegt sich alles in Richtung einer Idee von Geselligkeit: Jenseits eines individualistischen Expressionismus verbirgt sich etwas Weiteres, Tieferes, Soziales. Er windet sich immer wieder zurück zu den Umständen und Mysterien der Gesellschaft, in der er lebt, frohlockt und geht in ihr auf, wie ein improvisierender Musiker, der sich von seinem Thema wegbewegt und irgendwann unweigerlich zu ihm zurückkehrt. „Ich liebe es zu malen, um meine inneren Empfindungen und Vorstellungen in die Realität auf der Leinwand zu übersetzen. Ich mag es, Farbe zu verwenden … sie derart reichlich zu verwenden, dass ich glücklich sein kann. Ich kann Farbe auf die Leinwand spritzen und sehen oder mir vorstellen, wie Formen daraus hervorspringen. Es ist, als befände man sich an der Quelle der Schöpfung. Die Verwirklichung meiner Bilder bedeutet für mich äußerste Freude. Meine Ausdrucksweisen variieren gemäß meiner Annäherung an bestimmte Themen, aber die grundlegende Identifikation, die mich von anderen Künstlern unterscheidet, ist immer da: Meine Figuren sind lang gestreckt und meine Farben sind sehr dick aufgetragen. Nach meiner Überzeugung sollten Sujet und Handschrift eines Künstlers eine innere Antwort auf bestimmte Erfahrungen nachzeichnen– ich glaube an den umfassenden Prozess der Identifikation essenzieller Formen, Farben und Räume, die stets in der Natur gefunden werden.“
1956 in Ghana geboren.
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